EU-KARL – worum geht es?
Die Richtlinie (EU) 2024/3019 vom 27.11.2024 ist eine Neufassung der „alten“ Kommunalabwasserrichtlinie, 91/271/EEC vom 21.Mai 1991 (also besteht schon seit mittlerweile 33 Jahre). Der EU-Ministerrat stimmt am 5. November 2024 mit breiter Mehrheit der Mitgliedsstaaten zu.
Verkündet wurde die Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union am 12. Dezember 2024 und trat demnach 20 Tage später in Kraft: Inkrafttreten der KARL: 1. Januar 2025 [Leptien, C.; KARL-Sprechstunde der DWA: Die neue Kommunalwasserrichtlinie im Überblick, Folienvortrag Feb. 2025]
Damit bleibt der Bundesregierung insgesamt 30 Monate Zeit, die Richtlinie in deutsches Recht zu überführen. Das wäre dann Ende Juni 2027. Spätestens dann müssen Kläranlagen bereit sein, die Vorschriften vollständig umzusetzen.
KARL-Abwasserrichtlinie: Neufassung, aber was ist eigentlich neu an der Kommunalabwasserrichtlinie?
Es gibt einige wesentliche Änderungen gegenüber der alten Richtlinie aus dem Jahr 1991:
- So wird die Verpflichtung, kommunale Kläranlagen zu errichten, auf alle Siedlungsgebiete mit mindestens 1.000 Einwohnern ausgedehnt (derzeit liegt die Grenze bei 2.000 Einwohnern).
- Außerdem werden die Anforderungen an die Nährstoffelimination (d. h. Entfernung von Stickstoff und Phosphor) verschärft.
- Auf lokaler Ebene sollen integrierte Pläne für die Bewirtschaftung von kommunalem Abwasser erstellt werden, um Mischwasserüberläufe (kommunale Abwässer und Regenüberläufe) besser zu kontrollieren. Man rechnet hier mit einer verstärkten Belastung, da als Folge des Klimawandels Starkregenereignisse häufiger werden.
- Für den Sektor der kommunalen Abwasserbehandlung wird ein verbindliches Ziel der Energieneutralität auf Ebene der Mitgliedstaaten eingeführt.
- Es werden neue Überwachungspflichten eingeführt, die unter anderem das Monitoring von Mikroplastik (auch im Klärschlamm) und bestimmter Viren wie SARS-CoV-2 in kommunalem Abwasser betreffen.
- Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, den Zugang zu sanitären Einrichtungen für alle, insbesondere für gefährdete und ausgegrenzte Menschen, zu verbessern und aufrechtzuerhalten.
- Auch neue Bestimmungen über die Information der Öffentlichkeit, den Zugang zu Gerichten und Entschädigungen sind enthalten.
KARL Art. 11: Energieneutralität der Abwasserbehandlung
Kläranlagen haben einerseits einen hohen Energiebedarf (vor allem für die Belüftung bei der aeroben Abwasserbehandlung) und andererseits ein hohes Potenzial, diesen Bedarf selbst zu decken. Abwasser enthält viel Energie [(155 bis 180 kWh/(E*a) [Kaleß, 2018; Dichtl, 2023). Laut DWA-Leistungsvergleich von 2020 werden davon im Mittel 18.4 kWh/(E*a) durch Verstromung von Klärgas in Deutschland genutzt (10,2 – 11,9 %).
Unser Beitrag in der aeroben Stufe der Biologie mit einem sorgfältigen, bedarfsgerechten und sparsamen Umgang der Begasung durch sauerstoffhaltiger Druckluft (energieintensiv) oder alternativ Reinsauerstoff umzugehen. UNSER BEITRAG: Das C-N-P - Konzept
Prozesseigene Biomasse abgetrennt in Vorklärungen und dem maschinell eingedickten Überschussschlamm der biologischen Stufe werden seit langem in Faulbehältern zu Biogas umgewandelt und in Blockheizkraftwerken (Mikrogasturbinen/ Brennstoffzellen) zur Erzeugung von Wärme und elektrischer Energie genutzt. Zur vollständigeren Umsetzung der organischen Inhaltsstoffe im Rohschlamm lässt sich der Faulturm durch den Einsatz unseres Entec® FK600 steigern und so zu einem guten Teil zur Erhöhung der Eigenenergieerzeugung beitragen. Insbesondere bei der externen Annahme von Co-Fermenten in Faultürmen wirkt das Produkt leistungssteigernd, wie unseren Erfahrungen in Biogasanlagen zur Speiserestverwertung eindrücklich zeigen. UNSER BEITRAG: Entec® FK600
Nutzung von Biogas, Wärmepumpen, PV-Anlagen und Windkraftanlagen.
Kläranlagen verfügen oft über große Flächen, die für die Installation von Photovoltaik- und Windkraftanlagen genutzt zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund sieht die Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie Energie-neutralität auf nationaler Ebene als Ziel bis Ende 2045 vor. Auf nationaler Ebene deshalb, weil nicht alle Kläranlagen die gleichen Voraussetzungen für eine ausreichende Nutzung erneuerbarer Energien haben. Die Richtlinie er-laubt auch die Anrechnung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien außerhalb der Kläranlage, sofern sie dem Betreiber oder Eigentümer der Kläranlage gehören.
Nachteilig an diesen Technologien ist, dass die elektrische Energie nicht 24/7 das ganze Jahr zur Verfügung stehen. Deshalb unsere Überzeugung: Anstelle von fluktuierender Energie wie Photovoltaik oder Windkraft lieber das ganze Jahr verfügbare „Klärschlamm – Energie“ zum Betrieb einer energieautarken bzw. -positiven Kläranlage zu nutzen: UNSER BEITRAG: PEGAKA-Verfahren
Zur Abdeckung des Wärmebedarfs gibt es bereits Kläranlagen, die die Wärmeenergie des Wassers mittels Wärmepumpen nutzen.
Durchführung von Energieaudits: Mindestens alle vier Jahre sind Energieaudits durchzuführen. Dabei sollen Potentiale zur Nutzung erneuerbarer Energien bewertet, Energieeinsparungen identifiziert, aber auch solche Themen wie die Nutzung von Abwärme (z. B. als Fernwärme) betrachtet werden. Für Anlagen mit mehr ab 100.000 EW müssen die ersten Energieaudits bis Ende 2028 durchgeführt werden, für Anlagen ab 10.000 EW bis zum 31.12.2032.
KARL Art. 7 (Drittbehandlung) Neue Grenzwerte für Phosphor und Stickstoff
Stufenweise Umsetzung der Nährstoffelimination bis 2045
Bisher waren viele Kläranlagen nicht zur weitergehender Nährstoffelimination (Tertiärstufe) verpflichtet. Nur Kläranlagen, die in sensible Gewässer einleiten, mussten diese durchführen (z.B. Nord- und Ostsee/ Bodensee). Dazu waren beispielsweise für Phosphor 1 mg/l im Kläranlagenablauf bei Anlagen ab 100.000 EW einzuhalten. Für kleinere Anlagen (ab 10.000 EW) war ein Grenzwert von 2 mg/l vorgeschrieben, sofern nicht nationale Regelungen strengere Vorgaben machten. Da aber gerade große Kläranlagen wesentlich zur Eutrophierung der Gewässer beitragen, müssen künftig alle Kläranlagen ab 150.000 EW (auch in nicht als sensible eingestuften Gebieten) Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser entfernen.
Darüber hinaus müssen zukünftig auch alle Siedlungsgebiete mit Kläranlagen ab 10.000 EW eine Nährstoffelimination durchführen, sofern sie ihr Abwasser in empfindliche Gewässer einleiten, wobei die empfindlichen Gebiete teilweise in der Kommunalabwasserrichtlinie definiert sind und weitere von den Mitgliedsstaaten festgelegt werden können.
Darüber hinaus müssen zukünftig auch alle Siedlungsgebiete mit Kläranlagen ab 10.000 EW eine Nährstoffelimination durchführen, sofern sie ihr Abwasser in empfindliche Gewässer einleiten, wobei die empfindlichen Gebiete teilweise in der Kommunalabwasserrichtlinie definiert sind und weitere von den Mitgliedsstaaten festgelegt werden können.
Stickstoff-Grenzwerte für große und kleine Anlagen
Die EU – Richtlinie verschärft die Grenzwerte für Kläranlagen der Größe
≥ 150.000 EW auf 8 mg/l oder eine Reduktion von ≥ 80 %; Kläranlagen der Größenklasse 10.000 – 150.000 EW sollen zukünftig 10 mg/l oder eine Reduktion von ≥ 80 % erzielen. Die Überwachung erfolgt durch 24-h-Messwerte (Mischproben), daraus soll ein Jahresmittelwert gebildet werden.
Die bisherige Regelung in Deutschland schreibt eine Überwachung durch qualifizierte Stichproben bzw. eine 2-h-Mischproben auf Basis einer 4 aus 5 Regelung vor. Diese Regelung wird zu mindestens zur Ermittlung der Abwasserabgabe beibehalten [Mennerich, A.; Optimierung der Stickstoffelimination im Zeichen der Kommunalabwasserrichtlinie Folienvortrag im Rahmen der DWA - KARL - Sprechstunde (02.07.2025)]. In der Fachwelt gibt diese widersprüchliche Regelungen Anlass zur Diskussion.
UNSER BEITRAG: weitergehende Stickstoffelimination/ C-N-P - Konzept
Phosphor-Grenzwerte für große und kleine Anlagen
Die künftigen Grenzwerte für Phosphor betragen 0,5 mg/l für große und
0,7 mg/l für kleinere Anlagen. Die Umsetzung erfolgt stufenweise mit den ersten Anlagen bis Ende 2033. Bis zum 31.12.2039 müssen alle Kläranlagen ab 150.000 EW die Tertiärstufe umgesetzt haben, bis zum 31.12.2045 dann auch die Anlagen ab 10.000 EW in den empfindlichen Gebieten.
UNSER BEITRAG: weitergehende Phosphatelimination/ C-N-P - Konzept
KARL Art. 8 Die vierte Reinigungsstufe
Sogenannte Mikroschadstoffe, d. h. Stoffe, die bereits in geringsten Konzentrationen – wenige Mikrogramm pro Liter – ein Risiko für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt darstellen können, müssen laut Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie zukünftig im Rahmen einer weitergehenden Behandlung entfernt werden.
Vorrang für große Anlagen und empfindliche Gewässer
Analog zur Nährstoffelimination gilt diese Verpflichtung vorrangig für große Anlagen (> 150.000 EW) und zusätzlich auch für Anlagen ab 10.000 EW, die in Gewässer einleiten, die hinsichtlich Mikroverunreinigungen als empfindlich einzustufen sind. Dabei kann es sich um Gewässer handeln, bei denen der Kläranlagenablauf einen wesentlichen Beitrag zum Gewässerabfluss leistet (Verdünnungsverhältnis kleiner als 10) oder um Gewässer, die zur Trinkwassergewinnung, für die Aquakultur oder als Badegewässer genutzt werden.
Die Mitgliedstaaten müssen diese empfindlichen Gebiete bis Ende 2030 ausweisen und erstmals 2033 und danach alle sechs Jahre neu bewerten. UNSER BEITRAG: Membrantechnologie
Zu berücksichtigende Stoffe
Die Richtlinie legt eine Liste von 12 Stoffen in zwei Kategorien fest, die für die vierte Reinigungsstufe zu berück-sichtigen sind. Die Anforderungen der Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie gelten als erfüllt, wenn mindestens sechs dieser Stoffe im Mittel zu 80 % aus der Zulauffracht entfernt werden. Dabei müssen doppelt so viele Stoffe der Kategorie 1 wie aus der Kategorie 2 erfasst werden. Die Liste ist von der Kommission fortlaufend zu evaluieren und gegebenenfalls an neue Erkenntnisse anzupassen.
Bis spätestens 31. Dezember 2033 müssen die ersten Anlagen und bis Ende 2045 alle Anlagen mit mehr als 150.000 EW sowie alle Anlagen mit mehr als 10.000 EW in sensiblen Gebieten die Anforderungen des Artikels 8 erfüllen.
KARL Art. 21 d)/ Art. 22 Treibhausgasbilanz
Die Treibhausgase sollen einschließlich mindestens CO2, N2O und CH4, die von kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit 10 000 EW und mehr ausgestoßen werden, je nach Zweckmäßigkeit anhand von Analysen, Berechnungen oder Modellierungen überwacht werden.
Die Ergebnisse sollen bis zum 31. Dezember 2030 einen Datensatz mit Informationen über die nach den verschiedenen Gasen aufgeschlüsselten Treibhausgasemissionen und über die von jeder kommunalen Abwasserbehandlungsanlage mit 10 000 EW und mehr verbrauchte Gesamtenergie und erzeugte erneuerbare Energie über-mittelt werden.
UNSER BEITRAG: Klimabilanz erstellen/ Messprogramm
KARL Art. 24 (23) Informationen für die Öffentlichkeit
"Durch die Richtlinie werden neue Informationspflichten gegenüber Verbrauchern und der Öffentlichkeit geschaffen, die zu einem zusätzlichen Erhebungs- und Verwaltungsaufwand bei den Betreibern führen wird. Hier braucht es ein einheitliches und praxistaugliches Vorgehen mit Augenmaß. Unnötiger Erhebungsaufwand ist zu vermeiden. Im Vordergrund muss die adressatengerechte Bereitstellung von hilfreichen und relevanten Informationen für die Bürgerinnen und Bürger stehen. Dabei sollten neue Berichtspflichten an bestehende Prozesse geknüpft werden, um den Aufwand für Betreiber und Behörden möglichst gering zu halten.
Zusätzlicher Berichtsaufwand ist aus den Anforderungen aus Artikel 23 zu erwarten, wonach die Mitgliedstaaten erstmalig 36 Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie und danach alle 6 Jahre gegenüber der EU-Kommission über den Stand der nationalen Umsetzung und der damit verbundenen Kosten und Investitionen berichten müssen. Auch hier gilt es mit Blick auf die generellen Informationspflichten doppelten Erhebungs- und Berichtsaufwand zu vermeiden, um die Aufgabenträger zu entlasten.[VKU-Positionspapier Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie - Dezember 2024"
Die Information für die Öffentlichkeit ist sehr umfassend und muss rückwirkend bis zum 01.01.2025 lückenlos online vorliegen. Also warten sie nicht auf Ende Juli 2027, wenn KARL in Kraft tritt! Gerne beraten wir Sie zu diesem Thema info@pro-enteceast.de
UNSER BEITRAG: Erstellung der Bilanz nach Bedarf